LOKAL DEKOLONIAL – Perspektiven auf und aus PostOst

LOKAL DEKOLONIAL ist eine dreiteilige Veranstaltungsreihe in Heidelberg, die sich mit dem Zusammenleben in der postmigrantischen Gesellschaft und der Dekolonialisierung von Diskursen über Ostmitteleuropa und die souveränen Staaten der ehemaligen Sowjetunion auseinandersetzt.

In Deutschland leben Schätzungen zufolge bis zu 3,5 Millionen Menschen aus dem ostmitteleuropäischen Raum. Diese Community ist äußerst vielfältig – mit Bezügen zu Ländern wie der Ukraine, Belarus, Kasachstan oder Russland. Sie umfasst unter anderem (Spät-)Aussiedlerinnen, jüdische Kontingentflüchtlinge, Geflüchtete und Exilierte – mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen, Sprachen und Identitäten. In der öffentlichen Wahrnehmung wird diese Vielfalt jedoch oft nicht sichtbar – stattdessen dominieren häufig vereinfachende oder stereotype Bilder.

LOKAL DEKOLONIAL öffnet den Raum für differenzierte Stimmen aus den Communities und Diaspora – auch hier in Heidelberg. An drei Abenden treten lokale und überregionale Künstlerinnen, Aktivistinnen und Expert*innen mit PostOst-Bezug in den Dialog: über Identität(en), Widerstand, Sprache, Zugehörigkeit(en) und Erinnerung.

📅 Montag, 29.09.2025 | 18:00 Uhr
Wie wir über Russland sprechen?!
Filmvorführung Where Russia Ends (Ukraine 2024, Regie: Oleksiy Radynski)
Anschließendes Gespräch mit Prof. Dr. Botakoz Kassymbekova (Universität Zürich), Philipp Goll (freier Medienwissenschaftler) und Marina Solntseva (Politikwissenschaftlerin & Künstlerin)
Moderation: Prof. Dr. Tanja Penter (Universität Heidelberg)
📍 Karlstorbahnhof, Zentrale

In Deutschland wird viel über Russland gesprochen – vor allem im Hinblick auf Politik, Migrationsgeschichten oder Wirtschaft. Hierbei wird unser Bild von Russland immer wieder stark durch mediale Darstellungen und politische Debatten geprägt – vor allem seit dem Angriffskrieg, den Russland gegen die Ukraine führt. Doch welche Stimmen bleiben dabei oft ungehört und welche historischen als auch gesellschaftlichen Hintergründe sind dabei bedeutend? Und wie unterscheiden sich die Perspektiven und Narrative – wenn wir Menschen mit russischen und anderen Migrationsbiografien mitdenken? Diese und weitere Fragen im aktuellen gesellschaftlichen Kontext sollen auf der Veranstaltung diskutiert werden. Die Historikerin Prof. Dr. Botakoz Kassymbekova (Professorin für Osteuropäische Geschichte an der Universität Zürich) eröffnet den Abend mit einem Impuls zur kolonialen Geschichte Russlands – und deren Spuren bis in die Gegenwart.

Anschließend zeigen wir den Dokumentarfilm Where Russia Ends (2024) des ukrainischen Regisseurs Oleksiy Radynski, basierend auf Archivmaterial ukrainischer Expeditionen in Sibirien aus den 1980er Jahren. Der Film beleuchtet Zusammenhänge zwischen Ausbeutung von Ressourcen, ökologischen Auswirkungen und der Verdrängung indigener Lebensräume in Russland.

Diese historischen Kontinuitäten imperialer Politik und ihre Bedeutung für unser Zusammenleben heute stehen im Mittelpunkt der anschließenden Diskussion.

Prof. Dr. Tanja Penter (Universität Heidelberg) moderiert das Gespräch mit Prof. Dr. Botakoz KassymbekovaPhilipp Goll (Kulturforscher und Ko-Autor des Films) und Marina Solntseva (Politikwissenschaftlerin und Künstlerin). Gemeinsam diskutieren sie, wie diese Themen auch in Heidelberg und im aktuellen öffentlichen Diskurs präsent sind.

Ein Abend, der neue Perspektiven eröffnet – und zum Nachdenken über Geschichte, Gegenwart und Verantwortung anregt.

An der Gestaltung des Abends ist der Karlstorbahnhof e.V. beteiligt.

 

Botakoz Kassymbekova

Botakoz Kassymbekova ist Professorin für Osteuropäische Geschichte an der Universität Zürich. Sie studierte in Bischkek und Essex und hat an der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert. Forschungs- und Lehrstationen führten sie u. a. nach Berlin, Liverpool, Basel und an die Columbia University in New York. Ihre Schwerpunkte liegen auf sowjetischer Geschichte, Stalinismus und russischer Imperialgeschichte. In ihrem Buch Despite Cultures (Pittsburgh University Press) untersucht sie sowjetische Herrschaftsstrategien in Zentralasien und wie Diktaturen ihre Macht über große Distanzen durchsetzen. Im Wintersemester 2024/25 ist sie auf Einladung von Dr. Franziska Davies Fellow am Center for Advanced Studies der LMU.

Marina Solntseva

Marina Solntseva ist seit 2023 Doktorandin an der FAU Erlangen-Nürnberg im DFG-Projekt „Imperiale Ätiologie“. Zuvor, von 2020 bis 2023, promovierte sie an der Humboldt-Universität zu Berlin zum Thema Protestwahrnehmung in autoritären Regimen mit Fallstudien zu Russland und Belarus. Von 2019 bis 2021 arbeitete sie als Programmassistentin bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und war am Projekt „A New Western Ostpolitik“ in Kooperation mit der Johns Hopkins University beteiligt. Darüber hinaus ist sie aktives Mitglied des Berliner Kollektivs „de_colonialanguage“, das sich mit künstlerisch-partizipativem Aktivismus im Open Air Museum of Decoloniality beschäftigt und historische Traumata sowie koloniale Spuren im urbanen Raum thematisiert.

Philipp Goll

Philipp Goll ist promovierter Kulturwissenschaftler und hat Medienwissenschaften Slawistik und Europäische Ethnologie in Siegen Wrocław/Poland Berlin und Frankfurt an der Oder studiert. Er lebt und arbeitet in Berlin als freischaffender Kulturforscher inspiriert von den Verfahren der künstlerischen Forschung, nichthegemonialen Wissenspraktiken und Tanz. Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine widmet er sich in seiner Arbeit verstärkt der Geschichte des deutsch-russischen Gashandels in akademischen Lehrveranstaltungen, Ausstellungen, Übersetzungen und Texten.

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Datum

29 Sep. 2025

Uhrzeit

18:00

Veranstaltungsort

Karlstorbahnhof
Marlene-Dietrich-Platz 3 | 69126 Heidelberg

Veranstalter

Bundeszentrale für politische Bildung in Kooperation mit Mosaik Deutschland e.V.