
LOKAL DEKOLONIAL – Perspektiven auf und aus PostOst
LOKAL DEKOLONIAL ist eine dreiteilige Veranstaltungsreihe in Heidelberg, die sich mit dem Zusammenleben in der postmigrantischen Gesellschaft und der Dekolonialisierung von Diskursen über Ostmitteleuropa und die souveränen Staaten der ehemaligen Sowjetunion auseinandersetzt.
In Deutschland leben Schätzungen zufolge bis zu 3,5 Millionen Menschen aus dem ostmitteleuropäischen Raum. Diese Community ist äußerst vielfältig – mit Bezügen zu Ländern wie der Ukraine, Belarus, Kasachstan oder Russland. Sie umfasst unter anderem (Spät-)Aussiedlerinnen, jüdische Kontingentflüchtlinge, Geflüchtete und Exilierte – mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen, Sprachen und Identitäten. In der öffentlichen Wahrnehmung wird diese Vielfalt jedoch oft nicht sichtbar – stattdessen dominieren häufig vereinfachende oder stereotype Bilder.
LOKAL DEKOLONIAL öffnet den Raum für differenzierte Stimmen aus den Communities und Diaspora – auch hier in Heidelberg. An drei Abenden treten lokale und überregionale Künstlerinnen, Aktivistinnen und Expert*innen mit PostOst-Bezug in den Dialog: über Identität(en), Widerstand, Sprache, Zugehörigkeit(en) und Erinnerung.
📅 Donnerstag, 03.07.2025 | 18:00 Uhr
Belarus: Sprache ≠ Identität?
Gespräch mit den belarusischen Autorinnen Alhierd Bacharevič & Julia Cimafejewa, Musik von Lavon Volski
Moderation: Natascha Shalutkevich (KUB e.V.) & Ina Valitskaya (Razam e.V.)
📍 Interkulturelles Zentrum Heidelberg
Über die Veranstaltung
Sprache ist mehr als nur ein Kommunikationsmittel – Sprache ist Ausdruck von Identität und ein Werkzeug der Macht zugleich. Dies zeigt sich besonders eindrücklich am Beispiel Belarus, wo Sprache tief politisch ist – sie kann verbinden, ausgrenzen und Realität formen. In autoritären Systemen wird sie oft instrumentalisiert, bleibt aber zugleich ein Mittel des Widerstands und steht nicht zwangsläufig für kulturelle oder politische Zugehörigkeit. Dies wird u.a. auch im Kontext des Kriegs in der Ukraine diskutiert. Diese Spannung zwischen Sprache, Macht und Zugehörigkeit steht im Zentrum der Veranstaltung – und lädt zur Auseinandersetzung mit den Fragen ein: Inwiefern hängen Sprache und Identität(en) zusammen, wenn Sprache selbst ein Politikum ist? Welche Bedeutung hat das für das Leben von Menschen aus Belarus in der Diaspora – in Deutschland und hier in Heidelberg? Was können wir als Migrationsgesellschaft in Deutschland von den Diskursen lernen?
Diesen Fragen gehen die belarusischen Autor/-innen Alhierd Bacharevič und Julia Cimafejewa im Gespräch nach.
Musikalisch begleitet wird der Abend von Lavon Volski.
Die Moderation übernehmen Natascha Shalutkevich (KUB e.V.) und Ina Valitskaya (Razam e.V.).
An der Gestaltung des Abends sind beteiligt: Kulturverein Belarus e.V (KUB e. V.), Belarusische Gemeinschaft RAZAM e.V., Interkulturelles Zentrum Heidelberg
Alhierd Bacharevič
Alhierd Bacharevič, 1975 in Minsk geboren, ist ein belarussischer Schriftsteller und Träger des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung 2025. Er studierte belarussische Literatur und Sprachwissenschaft in Minsk und veröffentlichte zahlreiche Romane und Essays, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Sein bekanntestes Werk ist der Roman Europas Hunde, eine vielschichtige literarische Zukunftsvision, der auch international große Anerkennung fand. Aufgrund seiner regimekritischen Texte sind alle seine Bücher in Belarus verboten. Seit 2020 lebt Bacharevič im Exil, derzeit in Berlin.
Julia Cimafiejeva
Julia Cimafiejeva, 1982 in Belarus geboren, ist Lyrikerin, Übersetzerin und Essayistin im Exil. Sie veröffentlichte mehrere Gedichtbände auf Belarussisch sowie das international beachtete Minsk Diary auf Englisch, das in sechs Sprachen übersetzt wurde. Ihre Gedichte erschienen auf Deutsch und Englisch, u.a. in den Bänden Der Angststein. Gedichte (edition.fotoTAPETA, 2022) und Motherfield: Poems & Belarusian Protest Diary, das für mehrere Literaturpreise nominiert war. Sie übersetzte u. a. Werke von Walt Whitman und Maja Lunde und wurde mit dem belarussischen Carlos-Sherman-Preis für literarische Übersetzung ausgezeichnet. Seit 2020 lebt sie im europäischen Exil, derzeit als Stipendiatin des DAAD-Künstlerprogramms in Berlin.
Lavon Volski
Lavon Volski ist ein bedeutender Musiker der belarussischen Underground-Rockszene, der seit über 15 Jahren in Belarus verboten ist wegen seiner aktiven zivilgesellschaftlichen Haltung. Er ist Gründer und Frontmann mehrerer Bands wie N.R.M. und Krambambula sowie seines Solo-Projekts VOLSKI, mit dem er international zahlreiche Alben veröffentlichte. Volski ist Autor vieler bekannter Songs, darunter die inoffizielle Hymne der belarussischen Protestbewegung „Try čarapachi“ („Drei Schildkröten“). Seit 2020 engagiert er sich aktiv im Exil für politische Gefangene und die Demokratie in Belarus, unterstützt Flüchtlinge und die ukrainischen Streitkräfte mit Benefizkonzerten und Spendenaktionen. Für sein kulturelles Engagement wurde er 2025 mit der Francišak-Skaryna-Medaille ausgezeichnet.
Ina Valitskaya
Ina Valitskaya ist Aktivistin der belarusischen Gemeinschaft RAZAM e.V., der ersten und inzwischen größten bundesweiten Interessenvertretung in Deutschland lebender Menschen aus Belarus. Seit Februar 2023 ist Ina Valitskaya Beisitzerin im erweiterten Rat der Vereinigung und für die Förderung der belarusischen Kultur und Sprache verantwortlich. Das größte Projekt, das von Ina Valitskaya in München jährlich mitorganisiert und realisiert wird, ist das Festival der unabhängigen belarusischen Kultur MINSK X MINGA, das sich an eine breite, an osteuropäischer Kultur interessierte Öffentlichkeit richtet. Seit dem Wintersemester 2023 unterrichtet sie außerdem Belarussistik an der Ludwig-Maximilian-Universität München.
Natascha Shalutkevich
Natascha Shalutkevich ist politische Aktivistin im Kulturverein Belarus – einem eingetragenen gemeinnützigen Verein, der sich als eine Begegnungs- und Austauschplattform zu sprachkulturellen und migrationsgesellschaftlichen Themen mit Bezug zu Belarus versteht. Sie realisiert dialogorientierte Kulturveranstaltungen mit Schwerpunkt auf die Sichtbarmachung und Bewahrung des belarusischen Erbes in Zeiten des politischen Exils. Neben ihrem zivilgesellschaftlichem Engagement forscht sie historisch zu sprachlich-diskursiven Wahrheitsproduktionen in bildungspolitischen und pädagogischen Kontextes mit besonderem Fokus auf die Reminiszenzen des sowjetischen geistigen Erbes in postsozialistischen und westlichen Diskursräumen.
Zielgruppe:
Interessierte Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte
Teilnahme: kostenfrei
Sprache der Veranstaltung: Deutsch
Anmeldung unter: https://www.bpb.de/veranstaltungen/65603/anmeldung-bewerbung/?nid=56298
Hinweise zur Veranstaltung
Alle Veranstaltungen sind öffentlich und kostenfrei.
Die Reihe richtet sich an alle Interessierten!
Eine Kooperation der Bundeszentrale für politische Bildung und Mosaik Deutschland e.V.
An der Gestaltung des Programms sind beteiligt: der Kulturverein Belarus e.V. (KuB) in Heidelberg, der bundesweite Verein Belarusische Gemeinschaft „RAZAM“, das HeidelBERG-Café, der Trägerverein für das Emmertsgrunder Stadtteilmanagement e.V. (TES), das Interkulturelle Zentrum Heidelberg sowie das Kulturhaus Karlstorbahnhof e.V.